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Jeder hat 'nen Hund, aber keinen zum Reden

  • Autorenbild: Sarah Morawietz
    Sarah Morawietz
  • 20. Nov. 2020
  • 3 Min. Lesezeit

In letzter Zeit sehe ich immer häufiger Bilder/Posts, die sich darauf beziehen, dass der Hund scheinbar für den Menschen den "besseren" Sozialpartner darstellt.

"ist okay wenn du meinen Hund nicht magst, dann bist du halt kacke"

"du mein Hund bist mein einzig wahrer Freund, was hab ich getan um deine Hingabe zu verdienen?"

"je mehr Menschen ich treffe, desto mehr mag ich meinen Hund"

Diese Posts ernten meist eine Vielzahl an Zustimmung und werden begeistert verbreitet.

In meiner Arbeit und im Austausch mit meinem Umfeld bekomme ich beinah täglich Situationen mit, die mir die Inhalte dieser Posts widerspiegeln.

Ich bekomme erzählt, dass das eigene Kind Angst (und diese nicht unbegründet) vor dem im selben Haushalt lebenden Familienhund hat! Mit dem Maulkorb tut man sich schwer, weil der Hund den nicht gerne trägt.

Besucher, die Angst (häufig auch nicht unbegründet) vor Hunden haben, können häufig bibbernd ihren Kaffee runterkippen, weil es nicht übers Herz gebracht wird den Hund zeitweise in einen anderen Raum zu bringen oder anderweitig räumlich zu begrenzen. Oder sie werden eben nicht mehr eingeladen. Getreu dem Motto "wer meinen Hund nicht mag, den mag ich auch nicht".

Postboten werden zum Teil täglich von ungesicherten Hunden mehr oder weniger ernst angegangen. Warum unterbinden, sitzt der Hund doch so gerne vorm Haus.

Und wehe der Postbote bringt die Post nicht pünktlich, dann gibt es aber eine saftige Beschwerde.

Mir fallen unzählige Beispiele ein.


Diese Entwicklung kann man schon seit längerem beobachten und sie beunruhigt mich sehr.

Mal davon abgesehen, dass meiner Meinung nach den Hunden gar kein Gefallen getan ist, mit diesem unheimlich hohen Stellenwert, den sehr viele Menschen ihm zusprechen, so frag ich mich wie unsere Gesellschaft sich so entwickeln konnte und vor allem wie es in der Zukunft aussieht.

Gründe kann es viele geben,

Menschen werden von ihren Mitmenschen enttäuscht/verletzt, wir entfremden uns immer mehr von der Natur und der Hund stellt möglicherweise ein letztes Bindeglied zu dieser her und ehrlich gesagt denke ich, dass es uns auch einfach ( ZU?) gut geht.

Gut meint hier: immer satt, viele materielle Besitztümer, immer laufendes Wasser wenn wir den Hahn aufdrehen... Usw.


In meinem Job als Gesundheits- und Krankenpflegerin ist mir immer aufgefallen, dass in Zeiten, in denen völlige Überlastung herrschte, wenige Kollegen für viele, schwierige Patienten da waren, die Arbeit meist Hand in Hand ablief. Es wurde sich jederzeit gegenseitig geholfen, man hat miteinander gekämpft und in kurzen Momenten der Ruhe Lob ausgesprochen und gemeinsam gescherzt.

In Zeiten, in denen das Stresslevel niedrig und das Arbeiten ein wesentlich entspannteres war, gab es plötzlich Zeit, über nicht anwesende Kollegen herzuziehen, die Arbeitsweisen der anderen zu beobachten und ordentlich zu kritisieren und, und, und...


Auch ich lebe sehr eng mit meinen Hunden zusammen, habe das Glück die meiste Zeit des Tages mit ihnen verbringen zu können, sie begleiten mich fast überall hin und sie schlafen auch gelegentlich im Bett. Dennoch schätze ich es sehr, Zeit mit Menschen zu verbringen, sich auszutauschen, Dinge übereinander zu erfahren und für einander da zu sein.

Und ja, manchmal ist das auch Arbeit, denn Menschen können nerven, zickig sein & streiten. Ich bin da auch gut drin.

Vielleicht wäre es einfacher mich mit meinen Hunden im Garten zu verschanzen, aber ich bezweifel sehr, dass das der glücklichere & gesündere Weg ist.

Zudem ist und bleibt ein Hund, ein Hund und kann, möchte und sollte nicht immer mehr, immer weiter in den Mittelpunkt unseres Lebens rutschen und als Freund auf Augenhöhe missbraucht werden.

Ich hoffe sehr, dass Menschen wieder mehr auf Menschen zugehen, nicht nur jeder sein eigenes Süppchen kocht, Hilfsbereitschaft selbstverständlich ist und wir anerkennen, dass niemand perfekt & fehlerfrei ist und dass das auch gut so ist.

 
 
 

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